Schon seit Jahrtausenden gehören Getreidesorten wie Hafer zum festen Bestandteil der Pferdefütterung. Auch heutzutage ist Getreide im Futtertrog unserer Pferde nicht wegzudenken. Was man bei der Fütterung von Hafer & Co. beim Pferd beachten muss, erfahrt ihr in diesem Blog-Beitrag.
Als Getreide bezeichnet man Pflanzen der Familie der Süßgräser, die aufgrund ihrer Körnerfrüchte angebaut werden. Ein Getreidekorn besteht aus dem stärke– und glutenhaltigem Endosperm, auch Mehlkörper genannt, einer eiweißhaltigen Aleuronschicht und dem vitamin- und fettreichem Keim. Umschlossen ist das Getreidekorn von einer verwachsenen Samen- und Fruchtschale.
In der Pferdefütterung werden vor allem die Getreidesorten Hafer, Gerste und Mais als stärkehaltige Energieträger genutzt.
Hafer – Das traditionelle Pferdegetreide
Der Hafer gilt als die klassische Getreidesorte in der Pferdefütterung. Dies liegt unter anderem an den vielen ernährungsphysiologischen Vorteilen:
- Geringer Glutengehalt
- Gehalt an leicht verdaulicher Stärke
- Hoher Rohfaseranteil
- Hoher Anteil an ungesättigten Fettsäuren
- Hochwertige Eiweißzusammensetzung
Ist Hafer gut für Pferde?
Verglichen mit anderen Getreidesorten hat der Hafer einen geringen Glutengehalt. Gluten kann im Dünndarm zu Entzündungen der Schleimhaut führen. Aus diesem Grund eignet sich Hafer für Pferde mit einer Glutenunverträglichkeit.
Ein weiterer Vorteil des Hafers ist der hohe Rohfaseranteil (11 %), der sich positiv auf die Verdauung im Dickdarm auswirkt und das Pferd außerdem zum Kauen und Einspeicheln anregt. In der Samenschale des Hafers befinden sich Schleimstoffe, die die empfindlichen Magen- und Darmschleimhäute des Pferdes schützen.
Hafer enthält außerdem einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren. Vor allem der Gehalt an Linolsäure (40%), die zu den Omega-6-Fettsäuren zählt, ist hier hervorzuheben.
Der Eiweißgehalt von Hafer liegt etwa zwischen 9 und 11 %. Im Vergleich zu anderen Getreidesorten ist das Eiweiß im Hafer jedoch hochwertiger durch den hohen Gehalt an essentiellen Aminosäuren.
Hafer ist zudem reich an Vitaminen (vor allem Vitamin B1 und Vitamin E), Mineralstoffen und Spurenelementen. Doch hier ist Vorsicht geboten: Da Hafer verhältnismäßig viel Phosphor und wenig Calcium enthält, sollte bei der Fütterung einer größeren Menge Hafer unbedingt ein calciumhaltiges Mineralfutter ergänzt werden, um das Phosphor-Calcium-Verhältnis auszugleichen.
Wie schnell wirkt Hafer beim Pferd?
Hafer hat einen geringen Stärkeanteil (40 %) im Verhältnis zum Spelzenanteil (30 %) verglichen mit anderen Getreidesorten. Die präcaecale (=vor dem Dickdarm, =im Dünndarm) Stärkeverdaulichkeit von unbehandeltem Hafer liegt zwischen 80 % und 95 %. Das bedeutet, dass ein Großteil der im Hafer enthaltenen Stärke beim Pferd bereits im Dünndarm zu Glucose abgebaut wird und daher schnell als Energielieferant zur Verfügung steht. Die höchste Konzentration an Glucose im Blut kann man 2 Stunden nach der Fütterung feststellen.
Werden Pferde von Hafer wild?
Hafer hat den Ruf, Pferde wild oder heiß zu machen, man sagt auch „der Hafer sticht“. Gemeint ist damit die Behauptung, dass Pferde nach der Fütterung von Hafer besonders energiegeladen seien. Hafer enthält etwa 40% Stärke. Stärke ist ein Mehrfachzucker, der während der Verdauung durch körpereigene Enzyme vor allem im Dünndarm in Glucose zerlegt wird. Die Glucose wird anschließend in die Blutbahn aufgenommen und stellt Energie zur Verfügung. Im Vergleich zur Zellulose aus dem Raufutter wird Stärke schneller zerlegt. Daher steht bei der Fütterung von Hafer auch schneller eine entsprechend große Menge an Energie zur Verfügung.
Kann das Pferd die Energie aus dem Hafer nicht durch Bewegung umsetzen, kann es durchaus vorkommen, dass es beim nächsten Training energiegeladener ist. Daher ist eher ein Mangel an Bewegung in Verbindung mit einem Energieüberschuss aus der Fütterung ursächlich für eine heftige Reaktion des Pferdes.
Wie viel Hafer für ein Pferd?
Die Menge an Hafer, die euer Pferd erhalten kann, hängt von der Arbeitsleistung, der Größe und dem Körpergewicht sowie der Zusammensetzung der restlichen Futterration ab. Da die Stärkeverdauung beim Pferd begrenzt ist, sollten große Mengen Hafer auf mehrere Portionen pro Tag verteilt werden.
Welche Sorte Hafer für Pferde?
Hafer gibt es in verschiedenen Sorten: Goldhafer und Schwarzhafer. Abgesehen von der Farbe der Spelzen gibt es jedoch keinen Unterschied in der Zusammensetzung der Nährstoffe der verschiedenen Hafersorten. Viel wichtiger ist die hygienisch einwandfreie Qualität.
Gerste – Alternative für langanhaltende Energie
Viele Pferdebesitzer, die der Haferfütterung skeptisch gegenüberstehen und nach alternativen Energielieferanten suchen, greifen auf die Getreidesorte Gerste zurück.
Das Korn der Gerste an sich ist sehr hart und kann deshalb vom Pferd nicht ausreichend zerkleinert werden. Die Energie kommt bei der Gerste zudem zu einem hohen Anteil aus schwer präcaecal verdaulicher Stärke, weshalb die Nährstoffe der Gerste langsamer aufgenommen werden und daher dem Pferd Energie über längere Zeit zur Verfügung steht. Ein Großteil der Stärke der Gerste kann allerdings bei einer großen Fütterungsmenge in den Dickdarm gelangen. Dies vergrößert das Risiko für eine Dybiose, Fehlgärungen und einer Ansiedlung von unerwünschten Darmbakterien.
Daher wird Gerste vor allem in aufgeschlossener Form (geflockt in Form von Gerstenflocken, gepoppt, gequetscht oder gewalzt) verfüttert. Durch diese Art der Verarbeitung erreicht Gerste auch einen höheren Gehalt an verdaulicher Energie für das Pferd als Hafer.
Aufgrund der höheren Energiedichte der Gerste im Vergleich zum Hafer können 0,9kg Gerste 1kg Hafer ersetzen.
Mais – Die eiweißarme Energiequelle
Die Nutzung von Mais als Pferdefutter bekam vor allem für Leistungspferde oder Pferde mit einem höheren Energiebedarf eine Bedeutung aufgrund der Angst einer Eiweißüberversorgung bei der Fütterung einer größeren Menge an Hafer oder Gerste.
Mais enthält von den für die Pferdefütterung genutzten Getreidesorten den geringsten Eiweißgehalt (8,6 %). Im Gegensatz dazu ist der Energiegehalt von Mais jedoch enorm durch einen Stärkeanteil von etwa 70%. Damit kann man Mais auch als Dickmacher für Pferde bezeichnen. Die Maisstärke ist jedoch stark vernetzt und kann daher schlecht im Dünndarm verdaut werden, weswegen eine vorherige Verarbeitung notwendig ist.
Maisflocken und Puffmais werden hydrothermisch behandelt. Dabei wird die Struktur der Stärke aufgebrochen und für das Pferd verdaulich gemacht. Als Maiscobs bezeichnet man ein Produkt aus getrockneten ganzen Maispflanzen mit weitgehend gereiften Körnern. Bei diesen Cobs liegt der Rohfasergehalt mit 20% deutlich höher verglichen mit ganzen Maiskörnern bei einem Energiegehalt von 10 MJ ME/kg.
Hafer | Gerste | Mais | |
Energie ME (MJ pro kg) | 11,1 | 11,7 | 12,8 |
Rohfaser (%) | 11 | 5 | 2,6 |
Rohfett (%) | 5 | 2,5 | 4,5 |
Rohprotein (%) | 12 | 12,5 | 8,6 |
Stärke (%) | 40 | 60 | 70 |
Präcaecal verdauliche Stärke (%) | 80 | 22 | 29 |
Tipps zur Fütterung von Getreide beim Pferd
Egal, welche Getreidesorte schlussendlich im Futtertrog eures Pferdes landet, solltet ihr einige Punkte bei der Getreidefütterung beachten:
- Die Raufuttergabe sollte vor der Kraftfuttergabe erfolgen.
- Pro Mahlzeit sollten nicht mehr als 0,4 kg Krippenfutter pro 100 kg Körpergewicht gefüttert werden. Wenn das Pferd mehr Futter benötigt, sollte dies auf mehrere kleine Portionen über den Tag verteilt werden.
- Pro Mahlzeit sollte das Pferd nicht mehr als 1 g Stärke pro 1 kg Körpergewicht erhalten aufgrund der begrenzten Dünndarmkapazität. Die Stärkeverdauung im Dünndarm läuft enzymatisch ab. Da nur eine begrenzte Menge an Enzymen zur Verfügung steht, kann das Pferd pro Mahlzeit zwischen 0,5 und 1 g Stärke je kg Körpergewicht im Dünndarm verdauen. Größere Stärkemengen gelangen zur Verdauung in den Dickdarm, wo sie fermentativ abgebaut werden. Dadurch kann sich allerdings der pH-Wert verschieben, es kann zu einer Ansiedlung von unerwünschten Darmbakterien und Fehlgärungen kommen und schlussendlich die Entgiftungsorgane belasten oder eine Kolik auslösen.
- Hafer kann im ganzen Korn gefüttert werden. Gerste und Mais sollten nur in behandeltem, aufgeschlossenem Zustand gefüttert werden wegen der schlechter verdaulichen Stärke des ganzen Korns.
- Wichtig ist die hygienisch einwandfreie Qualität des Getreides. Vor allem Hafer neigt zu Schimmelpilzbildung.