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Kissing Spines – Ein häufiges Rückenleiden beim Pferd im Fokus

Kissing Spines Pferd
Svetlana / stock.adobe.com
Thorakolumbales interspinales Syndrom – oder umgangssprachlich Kissing Spines – ist eines der häufigsten Rückenleiden bei Pferden. Die schmerzhaften Prozesse an den Dornfortsätzen können zu erheblichen Einschränkungen im Bewegungsapparat eines Pferdes führen. Dennoch bleibt es oft lange unentdeckt.

Was sind Kissing Spines

Unter Kissing Spines versteht man zwei oder mehrere Dornfortsätze der Brust- und Lendenwirbel, die sehr nahe zueinander stehen oder sich bereits berühren. Dabei handelt es sich um einen Prozess, bei dem sich die Abstände zwischen den Wirbelkörpern und den dazugehörigen Dornfortsätzen zunehmend verringern. Dies geht bis zu dem Punkt, an dem durch die Entzündungsprozesse die sich berührenden Knochenteile miteinander verwachsen.

Wie Kissing Spines entstehen

Um verstehen zu können, wie es dazu kommen kann, dass zwei Dornfortsätze miteinander verwachsen, muss die Anatomie und Biomechanik des Pferderückens genauer betrachtet werden.

Exkurs Anatomie

Die Wirbelsäule eines Pferdes besteht aus 7 Halswirbeln, 18 Brustwirbeln, 6 Lendenwirbeln, 5 miteinander verwachsenen Kreuzbeinwirbeln (Kreuzbein) und zwischen 15 und 21 Schweifwirbeln.

Diese Wirbel besitzen alle für ihren Bereich charakteristische Eigenschaften in Form von Gelenksflächen und Fortsätzen. An den Fortsatzspitzen befinden sich Knorpelkappen, wie man sie auch als Stoßdämpfer zwischen den Gelenken findet. Darüber läuft das lange Nacken-Rückenband. Das Nackenband überspannt die Halswirbelsäule vom Hinterhauptbein bis zum 3. – 4. Brustwirbel und geht dort in das Rückenband über, das bis zum Sakrum reicht.

Exkurs Anatomie Pferde

Die Halswirbel besitzen weniger stark ausgeprägte Fortsätze, sind verhältnismäßig sehr groß und auch sehr beweglich.

Die Schweifwirbel sind dagegen sehr klein. Sie haben kaum Ausprägungen wie Fortsätze und Gelenksflächen.

Die Kreuzbeinwirbel haben sowohl Dornfortsätze als auch Querfortsätze. Die Wirbelkörper und Querfortsätze sind miteinander verwachsen und bilden das Sakrum (Kreuzbein).

Die Dornfortsätze der Lendenwirbelsäule haben eine ähnliche Länge wie die der Kreuzbeinwirbel. Zusätzlich besitzen die Lendenwirbel lange Querfortsätze zu beiden Seiten.

Die Brustwirbel zeichnen sich durch sehr lange Dornfortsätze aus. Vor allem vom dritten bis zum sechsten Wirbel, welche den Widerrist ausmachen. Je nach Position des Wirbelkörpers variiert die Länge und Neigung.

Im vorderen Bereich der Brustwirbelsäule sind die Dornfortsätze leicht nach hinten geneigt. Ab etwa dem 10. Brustwirbel richten sich die Dornfortsätze gerade auf, bis sie schließlich im Übergang zu den Lendenwirbeln anfangen, sich nach vorne zu neigen. Durch die unterschiedliche Neigung unterscheiden sich auch die Abstände zwischen den Fortsätzen.

Biomechanik

Die Brustwirbelsäule kann sich bis zu einem gewissen Grad seitlich biegen. Sie kann sich aufwölben und durchstrecken. Je nach Bewegung verändert sich die Stellung des Wirbelkörpers und der Dornfortsätze. Im aufgewölbten Zustand spreizen sich die Dornfortsätze. Im durchgestreckten Zustand nähern sie sich einander an. Bei den dichter zusammenstehenden Dornfortsätzen kann es dadurch zu Berührungen kommen.

Wird das lange Nacken-Rückenband durch das Senken des Kopfes über den Dornfortsätzen gespannt, richten sich dadurch die Dornfortsätze stärker auf. Die Wölbung des Rückens wird dadurch unterstützt. Wird der Kopf gehoben, verliert das Band an Spannung und die Wölbung der Wirbelkörper hängt nur noch von der Spannung der umliegenden Muskulatur ab.

Hängebrücken-Konstruktion

Ein wichtiger Punkt in der Biomechanik ist, dass der Rücken zwischen der Vorhand und Hinterhand „aufgehängt“ ist. Dabei dienen die Rücken- und Bauchmuskulatur als Träger der Wirbelsäule. Ist diese Muskulatur nicht hinreichend trainiert, um ihre Last zu tragen, hängt der Rücken durch und die Wirbelsäule wird „gestreckt“. Ist die Muskulatur dagegen gut trainiert und aktiv, trägt sie den Rücken und wölbt die Wirbelsäule dadurch auf.

Krankheitsverlauf

Ohne genetische Prädispositionen und bei normaler Körperhaltung sollte zwischen den Dornfortsätzen genug Bewegungsfreiheit vorhanden sein. Doch durch unphysiologische Haltung oder Veränderungen an den Wirbelkörpern kann es dazu kommen, dass die Dornfortsätze näher beieinander liegen.

Durch die Annäherung kann es zu Reibung oder direktem Kontakt kommen. Dieser führt zu schmerzhaften Entzündungen und der Abnutzung der Knorpelschicht. Schreiten die Entzündungen weiter fort, versucht der Körper die betroffenen Bereiche zu stabilisieren und reparieren.

Es kommt zu Verknöcherungen – Ossifikation. Dabei wird Bindegewebe zu Knochen umgewandelt. Es entstehen knöcherne Auswüchse, die für zusätzlichen Druck und Reibung sorgen. In manchen Fällen verwachsen durch die Ossifikation auch Fortsätze und Wirbelkörper miteinander.

Wie auch bei Arthrose klingen nach einer vollständigen Verknöcherung die Schmerzen in diesem Bereich wieder ab. Allerdings wird dadurch die Beweglichkeit deutlich eingeschränkt.

Der genaue Verlauf ist wie so oft von der individuellen Situation jedes Pferdes abhängig. Daher sind eine genaue Diagnose und eine angepasste Behandlungsstrategie entscheidend für das Wohlbefinden der betroffenen Pferde.

Ursachen

Die Frage, wodurch genau es zu den verengten Dornfortsätzen kommt, ist noch nicht abschließend geklärt. Dass Reiten der einzige Auslöser ist, kann ausgeschlossen werden. Studien haben gezeigt, dass auch Jungpferde, auch vor dem Anreiten, Veränderungen in den Abständen zwischen den Dornfortsätzen aufweisen können. Auch bei Ausgrabungen von einem 40.000 Jahre alten Fossil des Equus occidentals, also lange vor der Domestikation, konnten diese Veränderungen nachgewiesen werden.

Dennoch kann Reiten eine der Ursachen für Kissing Spines sein. Fehlerhafte Ausbildung und falsches Reiten können die Erkrankung auslösen und vorantreiben. Zu schnelles Einreiten, Überlastung, ein nicht passender Sattel, Fehlhaltungen und unnatürliche Bewegungen bergen ein großes Risiko für Kissing Spines.

Eine genetische Veranlagung zu Senkrücken oder Wirbelengstellen kann zu einer erhöhten Anfälligkeit führen. Diese anatomischen Variationen können bereits von Geburt an vorhanden sein und die Wahrscheinlichkeit einer Entwicklung von Kissing Spines erhöhen.

Ungünstige Haltungsbedingungen können ebenfalls eine Rolle spielen. Längeres Stehen in Boxenhaltung oder mangelnde Bewegungsmöglichkeiten können zu Muskelschwäche im Rückenbereich führen, was wiederum zu einer Überlastung der Wirbelsäule beitragen kann.

Schwere Verletzungen durch Unfälle oder Stürze können die Wirbelsäule traumatisch beeinflussen und strukturelle Veränderungen der Dornfortsätze verursachen. Frakturen, Verschiebungen oder Kompressionsbrüche können zu einer Fehlstellung der Wirbel führen und das Risiko von Kissing Spines erhöhen.

Bestimmte Erkrankungen, die zu Verspannungen und Muskelproblemen im Rückenbereich führen, können ebenfalls eine Rolle spielen. Dazu gehören beispielsweise Muskelentzündungen, Arthritis, Hufrehe oder andere Erkrankungen, die zu Schmerzen oder Einschränkungen der Beweglichkeit führen.

Woran man Kissing Spines bemerkt

Das Erkennen von Kissing Spines kann eine Herausforderung sein, da die Symptome variieren und manchmal subtil sein können. Dennoch gibt es einige Anzeichen, auf die Pferdebesitzer und Reiter achten können.

Eine häufige Symptomatik bei Kissing Spines ist ein verminderter Bewegungswille oder eine verminderte Leistungsfähigkeit des Pferdes. Das Pferd zeigt möglicherweise Schwierigkeiten bei bestimmten Bewegungen wie Biegungen, Wendungen oder dem Anheben des Rückens. Es kann sich steif, unwillig oder träge anfühlen. Einige Pferde entwickeln auch Verhaltensänderungen, wie etwa Gereiztheit, Unruhe oder Widerstand während des Reitens.

Schmerzen im Rückenbereich können ebenfalls ein deutliches Anzeichen sein. Das Pferd kann empfindlich auf Berührungen oder Druck im Rückenbereich reagieren. Beim Aufsatteln oder Gurtanlegen kann es Anzeichen von Unbehagen oder Schmerz zeigen. Manche Pferde entwickeln auch Muskelatrophien im Bereich des Rückens oder der Schultern aufgrund von Schonhaltungen oder verminderter Nutzung bestimmter Muskelpartien.

Symptome bei Kissing Spines

Symptome bei Kissing Spines
  • Rittigkeitsprobleme bis hin zu Unrittigkeit
  • Leistungsabfall
  • Taktfehler & Bewegungsstörungen
  • Widerwille, rückwärts zu gehen
  • Springen ohne Rücken oder Verweigern
  • verminderte Tragkraft der Hinterhand
  • Durchdrücken des Rückens
  • Sattel- / Gurtzwang
  • Empfindlichkeit auf Berührungen
  • Widerwille, sich in der Box hin zu legen oder sich zu wälzen
  • Schwierigkeiten beim Urin- und Kotabsatz
  • Verhaltensveränderungen
  • Zähneknirschen
  • Verspannungen / steifer Rücken
  • Muskelschwund

Wie man Kissing Spines erkennt und behandelt

Diagnose

Die Diagnose von Kissing Spines basiert in der Regel auf einer gründlichen Untersuchung durch einen Tierarzt. Dabei können verschiedene diagnostische Verfahren eingesetzt werden, um eine genaue Diagnose zu stellen und den Schweregrad der Erkrankung zu beurteilen.

Zu den diagnostischen Maßnahmen gehören klinische Untersuchungen, bei denen der Rücken des Pferdes auf Empfindlichkeit, Schwellungen oder Muskelatrophien untersucht wird. Bewegungstests können helfen, Unregelmäßigkeiten oder Einschränkungen in der Beweglichkeit des Pferdes zu finden.

Mehr Auskunft über tatsächliche Veränderungen geben bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnahmen, Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT). Die endgültige Diagnose beruht auf Berücksichtigung aller Diagnoseverfahren, da Studien bereits gezeigt haben, dass manche Pferde trotz Röntgenbefund ein beschwerdefreies Leben führen können.

Behandlung

Die Behandlung von Kissing Spines zielt darauf ab, Schmerzen zu lindern, die Beweglichkeit zu verbessern und eine bessere Rückengesundheit zu fördern. Die Behandlungsstrategie hängt vom Schweregrad der Erkrankung und den individuellen Bedürfnissen des Pferdes ab.

In einigen Fällen kann eine konservative Behandlung ausreichend sein. Dazu gehören physiotherapeutische Übungen, die dazu beitragen, die Rückenmuskulatur zu stärken und die Flexibilität zu verbessern.

Entzündungshemmende Medikamente oder Injektionen können Schmerzen und Entzündungen reduzieren.

Eine sorgfältige Anpassung der Ausrüstung, wie Sattel und Trense, kann ebenfalls helfen, den Druck auf den Rücken zu reduzieren.

In sehr seltenen Fällen kann eine chirurgische Intervention erforderlich sein. Bei der Operation werden die betroffenen Dornfortsätze entweder teilweise entfernt oder abgetragen, um den Druck und die Reibung zu reduzieren.

Rehabilitieren

Die Rehabilitation nach der Behandlung von Kissing Spines ist wichtig, um das Pferd langsam wieder an Belastung und Bewegung zu gewöhnen. Regelmäßige Überprüfungen durch den Tierarzt sind wichtig, um den Fortschritt des Pferdes zu beurteilen und eventuelle Rückfälle oder weitere Behandlungsbedürfnisse frühzeitig zu erkennen. Der Befund Kissing Spines muss nicht das Aus für den sportlichen Einsatz bedeuten. Manche Pferde, wie das Vielseitigkeitspferd Bantry Bay von Dr. Annette Wyrwoll, schaffen es trotz Kissing Spines Befund bis in den hohen Sport. Der Einfluss des Reiters und ein angepasster Trainingsplan sind dafür entscheidend. Jedoch sollte die Entscheidung, ob mit diesem Befund noch geritten werden kann, stets in Rücksprache mit dem behandelnden Tierarzt getroffen werden.

Ein Leben mit Kissing Spines – Worauf muss man achten?

Ein Leben mit Kissing Spines erfordert besondere Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme, um das Wohlbefinden des betroffenen Pferdes zu gewährleisten. Hier sind einige wichtige Aspekte, auf die man achten sollte:

Haltung

Die Haltungsumgebung spielt eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung eines Pferdes mit Kissing Spines. Eine ausreichende Bewegung und Weidegang sind wichtig, um die Durchblutung, Muskulatur und allgemeine Gesundheit zu fördern. Boxenhaltung sollte auf ein Minimum reduziert werden, um Stehzeiten zu verringern. Weiche und gepolsterte Unterlagen in der Box können den Druck auf den Rücken minimieren.

Fütterung

Eine ausgewogene und angepasste Fütterung kann dazu beitragen, das Gewicht des Pferdes zu kontrollieren und Entzündungen zu reduzieren. Eine moderate Energiezufuhr und eine ausreichende Versorgung mit hochwertigem Raufutter sind wichtig. Zusätzlich können ergänzende Futterzusätze mit entzündungshemmenden Eigenschaften wie Omega-3-Fettsäuren oder Antioxidantien gefüttert werden.

Eine ausgewogene und angepasste Fütterung kann dazu beitragen, die Rückengesundheit zu verbessern. Neben der Versorgung mit ausreichend hochwertigem Raufutter bieten sich auch Ergänzungsfutter an, um den zusätzlichen Bedarf an Aminosäuren, Mineralstoffen und Vitaminen zu decken. Produkte wie Dr. Weyrauch Nr. 19 Mordskerl oder HippoSport Muschelkonzentrat zielen darauf ab, den Bewegungsapparat mit Muskeln und Gelenken zu schützen und zu fördern. Das enthaltene Vitamin E wirkt antioxidativ. Die essentiellen Aminosäuren Lysin und Methionin sind wichtige Bausteine für den Muskelaufbau. Inhaltsstoffe wie Grünlippenmuscheln enthalten Glucosaminoglykane welche wiederum Bausteine für die Gelenksknorpel sind. Auch spezifische Mineralfutter mit Kalzium und Magnesium, die die Stabilität und Funktion der Knochen unterstützen, können gefüttert werden.

Training

Ein angepasstes Trainingsprogramm ist unerlässlich, um die Rückengesundheit zu erhalten. Regelmäßige Pausen, ausreichende Aufwärmphasen und ein abwechslungsreiches Training, das auch bodenarbeitliche Übungen und Muskelaufbau beinhaltet, sind empfehlenswert. Der Fokus sollte dabei auf Losgelassenheit, korrektes Vorwärts-Abwärts-Arbeiten und das Training der tragenden Bauchmuskulatur gelegt werden. Es ist wichtig, auf die individuellen Bedürfnisse des Pferdes zu achten und Signale von Unbehagen oder Schmerz ernst zu nehmen. Eine enge Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Trainer oder Therapeuten kann helfen, ein geeignetes Trainingsprogramm zu entwickeln.

Sattel

Ein gut sitzender Sattel ist von entscheidender Bedeutung beim Training. Ein Sattler sollte die Passform regelmäßig kontrollieren, um sicher zu stellen, dass kein zusätzlicher Druck oder Reibung verursacht werden. Gegebenenfalls können auch spezielle Sattelunterlagen verwendet werden, um den Druck zu minimieren.

HIPPOSPORT Muschelkonzentrat
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