Wer kennt es nicht? Viele Pferde haben den Winter über nicht viel gearbeitet, der Bauch hängt, die Kruppe ist eher eckig statt rund und die Rückenmuskulatur benötigt dringend etwas Politur. Wie schön wäre es, wenn wir einfach das perfekte Mittelchen füttern könnten und unser Pferd hätte Muskeln wie Arnold Schwarzenegger!
Leider bleibt das ein schöner Traum. Egal was uns die unterschiedlichen Hersteller erzählen, am Ende können alle Ergänzungsfutter nur beim Muskelaufbau unterstützen, sie nehmen uns aber nicht das nötige Training ab.
Wie baut mein Pferd Muskeln auf?
Dafür sollten wir zuerst die Muskelanatomie genauer betrachten, um zu verstehen, wie der Muskelaufbau funktioniert.
Aktin und Myosin
Ein Muskel besteht aus mehreren Muskelfaserbündeln die wiederum aus einzelnen Muskelfasern bestehen. Die kleinste funktionelle Einheit einer Muskelfaser ist ein Sarkomer. Dieses Sarkomer ist aus Strukturproteinen zusammengesetzt. Die bekanntesten Proteine sind Aktin- und Myosinfilamente, die für die Muskelkontraktion zuständig sind.
Reiz mich!
Ein Aufbau der Muskulatur erfolgt dann, wenn die Muskelfasern durch Reize stimuliert werden. Wenn die Reize auf die Muskelfasern groß genug sind, erfolgt, einfach gesprochen, auf den Reiz eine Anpassung der Fasern. Diese Anpassung kann zum Beispiel eine Steigerung der Anzahl von Sarkomeren mit sich bringen und so zu einer Vergrößerung des Muskelquerschnitts führen.
Da Sarkomere hauptsächlich aus Protein bestehen, benötigen Pferde im Training mehr Protein als im Erhaltungsstoffwechsel.
Aber nicht jedes Pferd kann so stark bemuskelt sein wie ein Quarter Horse oder so ausdauernd wie ein Vollblut. Dies liegt an der genetisch bedingten Muskelzusammensetzung. Es gibt unterschiedliche Muskelfasertypen.
Rennpferd oder Rückepferd, der Fasertyp entscheidet!
Typ I Fasern: Diese Muskelfasern ermüden sehr langsam und haben eine relativ geringe Kraftfähigkeit. Sie arbeiten überwiegend aerob und können ihre Energie aus Fettreserven ziehen. Im Erscheinungsbild sind diese Fasern eher dünn und wirken unter dem Mikroskop rot. Diese Muskelfasertypen sind speziell für Distanzen und Ausdauer wichtig.
Typ II Fasern: Dies sind schnelle Muskelfasern mit einer hohen Kraftdichte, die sich wiederum unterteilen lassen. Diese Muskelfasern ermüden ziemlich schnell und verfügen über eine hohe Kraftentwicklung. Sie arbeiten überwiegend anaerob und ziehen ihre Energie aus Kohlenhydraten, ATP und Kreatin. Im Erscheinungsbild sind diese Muskeltypen eher dicker und wirken unter dem Mikroskop weiß. Diese Muskelfasertypen sind eher für Sprints über eine kurze Distanz oder für Einheiten gedacht, die kraftaufwendig sind.
Zudem wird in drei unterschiedliche Muskelgruppen unterschieden. In die Herzmuskulatur, die glatte Muskulatur der Innereien, welche vom vegetativen Nervensystem angesteuert wird und die quergestreifte Muskulatur, die willkürlich angesteuert werden kann und auch Skelettmuskulatur genannt wird.
Nicht kleckern, sondern klotzen, mit der Skelettmuskulatur geht’s!
Die Skelettmuskulatur erzeugt Bewegung in Form von Kraftübertragung. Diese Muskelgruppe besteht aus den oben genannten Fasertypen und kann trainiert werden. Die Muskulatur arbeitet immer paarweise, das bedeutet, wenn ein Muskel kontrahiert -sich zusammenzieht- verlängert sich sein Gegenspieler. Dabei können Muskelfasern die Stärke ihrer Kontraktion nicht verändern. Die Stärke einer Kontraktion hängt mit der Anzahl der Fasern zusammen, die für die Kontraktion vom Nervensystem rekrutiert werden. Die Fasern wechseln sich bei der Arbeit ab, um das System vor Übermüdung und Schäden zu schützen. Kommt es doch zu Schäden an der Muskulatur durch intensives Training ist eine gewisse Erholungszeit und Regeneration für den Muskel wichtig.
Eine Frage des Zusammenspiels: Beuger- und Streckerkette
Es arbeiten immer verschiedene Muskelketten zusammen, um geschmeidige und fließende Bewegungen zu ermöglichen. Ist ein Teil dieser Kette beeinträchtigt, durch Verspannung oder muskuläre Dysbalancen, wirkt sich das auf die Leistungsfähigkeit aus. Wichtige Muskelketten beim Pferd sind:
Die Streckerkette – sie bestimmt über Schwung, Ausdruck, Kadenz und Raumgriff. Sie hilft das Pferd nach vorne-oben zu schieben und bei der Aufrichtung. Die davon betroffenen Muskeln liegen oberhalb der Wirbelsäule und laufen vom Ballen bis zum Schädel. Besonders aktiv sind dabei der oberflächliche und tiefe Zehenbeuger sowie die dazugehörigen Sehnen, die Hinterbackenmuskulatur sowie die Hüftmuskulatur, Gluteus, der lange Rückenmuskel, Riemenmuskel und Teile der oberen Hals- und Nackenmuskulatur.
Die Beugerkette – ist wichtig für die Stabilität und fördert eine gute Haltung. Sie hilft den Rücken zu heben und die Hinterbeine unter den Körper zu bringen. Die davon betroffenen Muskelgruppen liegen unterhalb der Wirbelsäule und vor den Hinterbeinknochen und können von Huf- bis Zungenspitze nachvollzogen werden. Sie arbeiten als Gegenspieler zur Streckerkette. Wenn sich Teile der Beugerkette verspannen, wird das Pferd behindert seine Schritte zu verlängern. Wichtige Muskelgruppen sind hier zum Beispiel der Zehenbeugemuskel, die gerade sowie die äußere, schiefe Bauchmuskulatur oder der Brustmuskel.
Fütterung zur Unterstützung der Muskulatur
Heu ist als Rohfaserquelle und Grundnahrungsmittel die Basis jeder Pferdefütterung. Ein Pferd sollte daher pro Tag mindestens 1,5kg Raufutter je 100kg Körpergewicht erhalten. Dabei enthält Heu in guter Qualität für ein Pferd ohne Leistung meist ausreichend Vitalstoffe. Um den Stoffwechsel zu entlasten, sollte auf eine hygienisch einwandfreie Qualität geachtet werden.
Vitalstoffe für vitale Muskeln
Bei erhöhter Trainingsbelastung reicht sowohl die Energiezufuhr als auch die Zufuhr an Vitalstoffen durch das Heu meist nicht mehr aus. Das Pferd benötigt weitere Energiequellen in Form von Kraftfutter oder Ölen, um seinen Energiebedarf zu decken. Die Kraftfutteration sollte auf mehrere Portionen verteilt werden, da der Pferdemagen nur ein geringes Volumen aufweist. Eine andere Möglichkeit der Energiezufuhr ist die Ölfütterung. Hierfür eignet sich vor allem Reiskeimöl, das sich neben dem hohen Energiegehalt durch seinen hohen Anteil an Vitamin E und Gamma-Oryzanol auszeichnet. Als Antioxidantien schützen diese Bestandteile die Körperzellen, und damit auch die Muskelzellen, vor Schädigungen durch freie Radikale. In Phasen erhöhter Leistungsanforderung kann es notwendig sein, Ergänzungsfuttermittel, die Antioxidantien wie Vitamin E enthalten, zuzufüttern, um die Muskulatur geschmeidig zu halten.
Essenzielle Aminosäuren – der Stoff, der Muskeln wachsen lässt
Muskeln bestehen zu einem großen Teil aus Eiweiß. Dieses setzt sich aus Aminosäuren zusammen. Hierbei unterscheidet man zwischen nicht-essenziellen Aminosäuren, die vom Stoffwechsel selbst produziert werden und essenziellen Aminosäuren, die über das Futter zugeführt werden müssen. Die wichtigsten Aminosäuren sind Lysin, Methionin und Threonin, da diese limitierend sind. Das heißt, wenn zum Beispiel bei Lysin ein Mangel vorliegt, wird der Muskelaufbau verlangsamt oder gestoppt. Daher muss nicht nur auf eine bedarfsgerechte Eiweißmenge in der Ration geachtet werden, sondern auch auf eine passende Zufuhr an essenziellen Aminosäuren. Hierfür eignet sich ein mit Aminosäuren angereichertes Müsli- oder Pelletfutter oder ein spezielles Aminosäure-Konzentrat. Aber auch einzelne Produkte wie Bierhefe, Leinsamen oder Luzerne haben eine sehr günstige Zusammensetzung von essenziellen Aminosäuren und können somit den Muskelaufbau unterstützen.
Passende Ergänzungsfutter zum Muskelaufbau findet ihr beim uns im Shop. Auch könnt ihr dort für euer Pferd Reiskeimöl kaufen.